Kleine Baugeschichte Teil 1

Kleine Kirchengeschichte (1): Der mühsame Weg zur ersten protestantischen Kirchen Altbayerns (bis 1822)

Die Ausführungen basieren zum größten Teil auf den Untersuchungen von Dr. Stefan Nadler.

 

1802 kamen Pfälzer Siedler auf Einladung des bayerischen Herzogs Max IV. Joseph und seiner Gemahlin Karoline in die Moorgegend zwischen Bad Aibling und Rosenheim. Drei Konfessionen ließen sich miteinander nieder: evangelisch-lutherische, evangelisch-reformierte und katholische Christ:innen, die zahlenmäßig die größte Gruppe waren, auch wenn der Ort lange als „das lutherische Dorf“ bezeichnet wurde.

Nachdem sie ihre Häuser errichtet hatten und eine Schul- und Pfarrstelle eingerichtet war und regelmäßig Gottesdienste gehalten wurden, kam der Wunsch auf, im Ort eine Kirche zu errichten. Der Rosenheimer Baumeister Johann Karmann hatte dazu einen Entwurf für eine Simultankirche vorgelegt, die für beide Konfessionen nutzbar sein sollte. Stattdessen kam aber ein Entwurf Gustavs von Vorherr zur Ausführung. Von Vorherr war ein Vorreiter der Idee der „Landesverschönerung“ und überzeugt, dass eine „Verschönerung der Erde nur dadurch [entsteht], daß Agricultur [Landwirtschaft], Gartenkunst und Architektur in größter Reinheit, ungetrennt, nicht bloß für das Einzelne, sondern hauptsächlich für das Gemeinsame wirken“. In diesem Geist wurde die Karolinenkirche neben dem Pfarrhaus von 1805 genau in der Ortsmitte errichtet.

Ganz besonders dem dritten Pfarrer, Johannes Tretzel und seiner „Kurzen Geschichte der Kolonie und protestantischen Pfarrgemeinde zu Groß-Karolinenfeld“ ist es zu verdanken, dass wir über die Hintergründe des Baus äußerst gut unterrichtet sind. Im April 1821 schließlich genehmigte der König den Bau und stellte auch das nötige Holz aus den Staatsforsten bei Tattenhausen in Aussicht. Die Kirchengemeinde war völlig mittellos und daher auf weitere Unterstützung angewiesen. In allen protestantischen Gemeinden des Königreichs Bayern wurde eine großzügige Kollekte gesammelt. Durch hohe Kosten für den Geldtransport und den Wechsel der Münzen wurde sie jedoch etwas geschmälert.

Sparen konnte man auch bei den Steinen: diese wurde aus abgerissenen Nebengebäuden des Klosters Beyharting „recycelt“. Das Wetter in jenem Jahr war günstig und die Arbeitsmaterialen konnten schnell herangeschafft werden. Der dichte Lehmboden kurz unter der Erde bildete eine solide Grundlage, auf der am 15. April unter Böllerschüssen und mit einem kleinen ökumenischen Fest„unter die gesamte hiesige Jugend beyderlei Konfessionen ward Weißbrot, auch etwas Geld, ausgeteilt“) die feierliche Grundsteinlegung erfolgte.

Die meisten Handwerker waren katholischer Konfession und es war für den Pfarrer stets rührend zu sehen, wie sie „nach den Gebetsformeln ihrer Kirche für glücklichen Fortgang und Vollendung der protestantischen Kirche bete[te]n“. Als der Bau vollendet war, wurde die Gemeinde aus München immerhin mit einer Frist von 8 Tagen informiert, wann und wie die Einweihung stattfinden soll. Der Münchner Dekan konnte „aus Mangel an Mitteln“ nicht teilnehme und so übernahm der Ortspfarrer:„‘Lasst uns aufthun die Thore der Gerechtigkeit, und einziehen mit Loben und danken!‘ Bey diesen Worten öffnete der Pfarrer die Kirchenthüre …“ und das Volk, evangelisch wie katholisch, Junge und Alte und auch die Handwerker zogen ein. Es war der 19. Sonntag nach Trinitatis 1822, an dem diese Einweihung begangen wurde. An eben diesem Sonntag wurde 2022 das Jubiläum begangen.